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Der 10. Mai 1933 und 2025: Als vor 92 Jahren die Bücher brannten… 

  • Autorenbild: SGH Webteam
    SGH Webteam
  • vor 4 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Erinnerungs- und Gedenkveranstaltung im Klösterchen anlässlich des 92-jährigen Gedenkens an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten.

 

Auch in diesem Jahr gedachte man am 10. Mai, auf den Tag genau 92 Jahre danach, im Soziokulturellen Zentrum Klösterchen der durch die Nationalsozialisten in Auftrag gegebenen Verbrennung der Werke unliebsamer Autorinnen und Autoren.


Die Veranstaltung reiht sich ein in einen stetig wachsenden und durch die Kooperation zwischen vor allem Schule und Klösterchen, aber auch Bündnissen und der Stadt bereicherten Erinnerungs- und Gedenkkalender, dessen Auftakt das vor vielen Jahren bereits etablierte Gedenken zum 9. November (so genannte „Reichspogromnacht“) darstellte. Es folgten jüngst das Gedenken an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am Internationalen Holocaust Gedenktag (27. Januar) und das Gedenken an die Bücherverbrennung (10. Mai).

Erneut boten interessierte und engagierte Schülerinnen und Schüler der Klassen 6, 9, 10 und EF einen kreativen und inhaltlich sehr ansprechenden Zugang zu einem erinnerungswürdigen historischen Ereignis im Zuge des Machtausbaus der Nationalsozialisten und der Ausgrenzung und Verfolgung Oppositioneller im so genannten Dritten Reich. Ein Ereignis mit großer Symbolik und doch -auch 92 Jahre danach- durchaus aktuell, wenn auch in anderer Gestalt: So betonten der Vorsteher und Schirmherr des Klösterchens, Herr Wilfried Hammers, und der leitende sowie die Veranstaltungen koordinierende Lehrer Christian Reiferth in ihren Ansprachen die Parallelen im Vorgehen der Umgestaltung hin zu totalitären und autokratischen Systemen. Christian Reiferth zitierte in seiner kurzen Ansprache eine Passage aus einem Lied der Hamburger Musikgruppe Kettcar, in dem es heißt „Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Deine Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden deine Taten“. Auch unterstrich er anekdotenhaft seine eigene Liebe zur Literatur, die durch seinen eigenen Großvater geweckt wurde, als dieser ihm als Kind ein Buch von Erich Kästner schenkte, in dem Herr Reiferth im Klappentext seinen eigenen Großvater bildlich zu erkennen glaubte (es war ein Bild von Kästner; eine Ähnlichkeit zum damals jungen Großvater war nicht von der Hand zu weisen, wie einige Gäste feststellten). Ein Gedenken und Erinnern der Opfer der Schandtaten und Verbrechen der Nazis sollte oder müsse, so Reiferth abschließend, in dieser Veranstaltung gleichwohl eine Feier des kreativen und freien Wortes, der Literatur, Kunst und Kultur sein.

In einem durch den Kollegen und Leiter der Literatur-/ Theater-AG Francesco Celestino mit seinen Schülerinnen und Schülern der Klassen 10 und EF konzipierten Szenenstück „Das Verhör“ wurde eine fiktive, wenngleich authentische Verhörsituation inszeniert, in der die Charaktere inzidierter Werke und Autoren im Lichtkegel der Verhörlampe einem gewissen Herrn Goebbels Rede und Antwort stehen mussten. Tom Vincent Mosch, Raja Miklosch, Jakob Schwanenberg, Fabian Pritzkat (als Wachhabender) und Caspar Stummer, letzterer durch diverse Veranstaltungen bereits als Pianist bekannt, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Dank an Francesco Celestino und seine Theater-AG, voran Raja, Tom, Jakob und Fabian sowie Caspar!

Von historischer Seite näherte sich Fabian Pritzkat (Klasse 9) der Bücherverbrennung. Er fokussierte in seiner historischen Auseinandersetzung die Monate Februar bis Mai, die ausreichten, die damals bestehende Demokratie zu einer Diktatur umzugestalten. Es ist schön zu sehen, wie Schülerinnen und Schüler aus dem Unterricht heraus Gelerntes präsentieren und Menschen, hier: die Gäste der Veranstaltung, erreichen. Danke, Fabian!

Tom Vincent Mosch kehrte die untrennbar mit der Bücherverbrennung einhergehenden so genannten Feuersprüche („Ich übergebe der Flamme die Schriften von…Kästner“) um, indem er sich für die Achtung des freien Wortes, der freien Meinung, der freien Kunst, Kultur und des Journalismus aussprach und „der Flamme die Schriften von…“ symbolisch entnahm. Während Tom Vincent eine Auswahl der mehreren hundert verbrannten Autoren verlas, begleitete Caspar Stummer die Ehrung der Autorinnen und Autoren atmosphärisch am Klavier. Danke, Tom und Caspar!

Einige Autorinnen und Autoren verließen Deutschland, viele äußerten sich zu den Geschehnissen der Bücherverbrennung; nicht wenige wählten den Freitod. Die Schülerinnen und Schüler Ray Schnitzler, Caspar Stummer, Raja Miklosch und Fabian Pritzkat gaben in ihrem Beitrag den Autoren Bertolt Brecht, Kurt Tuchoslky, Stefan Zweig und Erich Kästner eine Stimme (zurück) und rezitieren als selbige deren Erlebnisse auf Grundlage von Tagebucheinträgen und Notizen. Danke, Ray, Caspar, Raja und Fabian!

Auch wenn die Lennon-McCartney Komposition „Yesterday“ eigentlich ein trauriges Liebeslied ist, ist „Yesterday“, also (das) Gestern, ein programmatischer Wesenszug dieser Veranstaltungen. Wir leiten aus dem Geschehenen, dem Gestern, Gegenwart und Zukunft ab, nicht in Schuld, aber in Verantwortung! Raja Miklosch brillierte stimmungsvoll und berührend mit „Yesterday“ am Klavier. Danke, Raja!

Was die Nazis mit der Bücherverbrennung erreichen wollten, es gelang ihnen nicht! Viele der verbrannten Autoren gehören heute zum Kern und Kanon der deutschen Literatur. So wurde beispielsweise Kästners „Emil und die Detektive“ in der Klasse 6c gelesen. Schülerinnen der 6c versammelten sich mit der Ausgabe ihres Emils auf der Bühne und rezitierten Passagen aus Kästners Werk, die allesamt zeigten: Wir (Kinder) schaffen das, wir schaffen das auch ohne Erwachsene! Die Schülerinnen Nora Küppers, Nele Dreesbach und Liv Stark überzeugten dann noch als Kästner an einer alten schweren Schreibmaschine und Emil (oder Emilia?) und gingen unter der Losung „Emil und sein „verbrannter“ Papa“ ins fiktive Gespräch und die Überlegung, was Emil als Charakter einer Geschichte und Kästner als sein Schöpfer besonders macht. Wir danken Nora Küppers, Nele Dreesbach und Liv Stark für ihre szenische Darbietung und weiteren Schülerinnen der Klasse für ihre Emil-Rezitation: Aimee Schmittel, Emilie Matzutt, Mara Broschinski, Lina Keimer, Aliya Cherrate und Anouk Scheller. Dank gilt auch der Vorbereitung seitens der unterrichtenden Deutsch-Kollegin Frau Michaela Kaulard. Danke an die gesamte Klasse 6c, auch für die Zitate (folgend erwähnt), und Michaela Kaulard als Lehrerin!

Eine Reihe von Zitaten der 6c über Lieblingsbücher und das Lesen wurden erneut untermalt durch Caspar am Klavier. Ein Zitat: „Durch Kinderbücher habe ich die deutsche Sprache gelernt, denn ich wurde nicht hier geboren, wir sind geflüchtet.“

Zehntklässlerin Lina Ortmanns präsentierte anlässlich des Holocaust-Gedenkens im Januar eigens verfasste Texte, die ihre Exkursion nach Auschwitz eindrucksvoll reflektierten. Ihre schriftstellerische Gabe wurde in einem weiteren Text („Ich stand daneben“, Kästner am Feuer, als seine Werke verbrannt wurden). Ray Schnitzler lieh Linas Text seine Stimme in einer Rezitation. Danke, Ray und Lina!

Am 9. Mai verstarb Margot Friedländer. Bis zu ihrem Tod mit 103 Jahren engagierte sie sich im Dialog, wirkte als große Aufklärerin, brachte Menschen, vor allem Schülerinnen und Schülern, ihre Geschichte und damit die Geschichte der Ausgrenzung, Verfolgung und Ermordung der Juden durch die Nazis nahe. Ein durch Tom Vincent Mosch durchaus spontan initiierter Nachruf, der auf der Homepage im Wortlaut einzusehen ist (!), bewegte alle Gäste sichtlich. Danke, Tom!

Die Veranstaltung wurde weiterhin durch musikalische Beiträge des „Duos Zwischentöne“ bereichert, die an Gitarre, Akkordeon und Mandoline diverse Kästner-Gedichte (z.B. „Kennst Du das Land, in dem die Kanonen blühen?“) interpretierten bzw. die Gedichte in die Musik überführten.

Waltraud Schings, den Veranstaltungen lieb und bekannt als Leserin, gab weitere, vertiefende Einblicke in die Hintergründe und Mechanismen der Bücherverbrennung und spannten gekonnt den Bogen zu Aktuellem, beispielsweise der KI.

Die Künstlerin Rena sorgte für ein künstlerisch eindrückliches Ambiente durch die Ausstellung ihrer Exponate. An dieser Stelle soll auch ausdrücklich der Kunstkollegin Maxie Lühring-Lejeune gedankt werden.

In den letzten Jahren hat sich zwischen unserer Schule und dem Klösterchen und weiteren Akteurinnen und Akteuren aus Kunst, Musik und Kultur eine enge und kreative Zusammenarbeit entwickelt, die wir mit Stolz ausfüllen und weiterführen wollen.

Der größte Dank gilt den kreativen und wichtigen Beiträgen der Schülerinnen und Schüler der Klassen 6 bis EF und jedem Gast, die und der regelmäßig den Weg ins Klösterchen zu unseren gemeinsamen Veranstaltungen findet.

Danke!



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