Macht, Sprache und Gewalt. Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochne Krug im virtuellen Museum des SGH
- Frank Becker

- 15. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Anfangs kein Bühnenerfolg
Es ist Gegenstand der Obligatorik für das Zentralabitur im Fach Deutsch und die Uraufführung dieses Theaterstücks unter der Regie Johann Wolfgang von Goethes im Jahre 1808 am Weimarer Hoftheater war ein einziger Misserfolg. Erst allmählich entwickelte Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist seine Kraft und seine Komik auf den deutschen Bühnen und erst allmählich wurde es zu dem, was heute ist: nämlich ein Klassiker der deutschen Theaterliteratur.
Zugänge ermöglichen
Aber wie ein solches Stück einem zeitgenössischen Publikum näherbringen? Wie mit einem solchen Stück Schülerinnen und Schüler für das Theater begeistern? Wie das funktioniert, zeigt im Moment ein beeindruckendes Projekt am SGH: Gemeinsam mit dem Grenzlandtheater Aachen, der Jugendkunstschule Bleiberger Fabrik in Aachen, mehreren Philosophie- Kunst- und Deutschkursen des SGH und einiger anderer Schulen, wurde, großzügig von der DEICHMANN-Stiftung gefördert, unter der Leitung von Frank Becker, Deutsch- und Philosophielehrer am SGH, und von Claudia Döhmen vom Bildungsbüro der Städteregion Aachen ein Programm entwickelt, das die Bedeutung dieses Theaterstücks für unsere Gegenwart zeigt und Schülerinnen und Schülern der Oberstufe Zugänge zu diesem Theaterklassiker ermöglicht.
Inhaltliche Diskussion um die Aktualität des Stücks
Angefangen hat das Projekt im Herbst des Jahres 2024: Vertreter mehrerer Schulen kamen zusammen und diskutierten im Haus der StädteRegion das Stück inhaltlich. Schnell rückte dabei die Frage in den Vordergrund, was dieses Lustspiel, das zwischen 1802 und 1806 entstanden ist, heute überhaupt noch aktuell macht und warum es wichtig ist, sich auch heutzutage mit diesem Theaterstück auseinander zu setzen und es auf die Bühne zu bringen. Die Antwort auf diese Frage lautet: Dieses Lustspiel ist aktuell, weil es einen doppelten Machtmissbrauch zum Gegenstand der Betrachtung und Beurteilung macht, nämlich den sexuellen Missbrauch einer jungen Frau (Eve) durch einen wesentlich älteren Dorfrichter Adam und den Versuch des Missbrauchs des Gerichts, um die sexuelle Übergriffigkeit zu vertuschen. Ob dabei aus heutiger Sicht ein solcher Stoff überhaupt noch als Komödie aufgeführt werden kann, war eine der Fragen, die von Anfang an die Diskussion beherrschte. Das Ergebnis dieser Diskussion, die Antwort, die das Theater auf diese Frage gefunden hat, wird man ab dem 24. September, dem Premierentag, im Grenzlandtheater sehen können.
Mehr als nur ein Theaterbesuch
Was macht dieses Projekt für das SGH so attraktiv? Zum einen die Tatsache, dass unsere Schülerinnen und Schüler sich schon frühzeitig mit der Thematik des Stoffes und seiner gesellschaftlichen Brisanz in Workshops, die kurz vor den Sommerferien in der Bleiberger Fabrik und auf dem Lousberg stattfanden, vertraut machen und aus ihrer Sicht den Zusammenhang von Macht, Sprache und Gewalt reflektieren konnten. Zum anderen hatten unsere Schülerinnen und Schüler die einzigartige Gelegenheit, nicht nur hinter die Kulissen einer Theaterproduktion zu schauen, sondern sie hatten die einmalige Chance den gesamten Prozess der Entwicklung einer Theaterproduktion miterleben zu dürfen.
Angefangen von dem Miterleben der ersten Ideen der Schauspieler, der Regie und der Intendanz, konnten sie Lese- und Spielproben besuchen, die Entwicklung des Bühnenbildes und der Kostüme mitverfolgen, die Probebühne und die Theaterwerkstätten besichtigen sowie Gespräche mit der Dramaturgin, der Regieassistenz, den Bühnenbildnern- und Kulissenbauern und der Regie und der Intendanz führen – bevor es dann, zum Abschluss des Projekts zu einem Theaterbesuch kommt, um das Stück, dessen Entstehungsgeschichte mitverfolgt wurde, in seiner Endfassung am Theaterabend genießen zu können.
Dokumentation des Projekts
Dokumentiert ist das Projekt in einem virtuellen Museum und mit einem Klick können interessante Einblicke gewonnen werden: https://edu.kunstmatrix.com/node/19382. Ein besonderer Dank gilt auch Maria-Eleni Kanela, Deutsch-, Sozialwissenschafts- und Kunstlehrerin am SGH, die das Projekt begleitet und durch eine künsterlische Perspektive bereichert hat.
Frank Becker





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